Abschlagsfreie Pension schon bald wieder Geschichte?
Eigentlich hätte die neue Alterssicherungskommission schon mit 1. Jänner 2017 ihre Arbeit aufnehmen und sich mit den Finanzierungsherausforderungen des österreichischen Rentensystems auseinandersetzen sollen. In der letzten Koalition konnte man sich jedoch nicht auf einen geeigneten Vorsitzenden einigen. Die Übergangsregierung hat nun kurzerhand den ehemaligen 67-jährigen Spitzenbeamten Walter Pöltner als Leiter eingesetzt. All dem war nach politischen Streitigkeiten vorausgegangen, dass die „alte“ Pensionskommission aufgelöst wurde. Aus dieser kamen einigen Politikern zu negative Töne bzw. zu aggressive Forderungen nach Pensionsreformen. Doch auch der designierte neue Leiter nimmt sich kein Blatt vor den Mund.
Als erste Amtshandlung sparte Walter Pöltner nicht mit Kritik an den jüngsten Wahlzuckerln des Nationalrats. Er befindet die außertourliche Erhöhung der Pension für unverantwortlich und schoss sich vor allem auf die in letzter Sekunde mit knapper Mehrheit beschlossene neue abschlagsfreie Frühpensionsmöglichkeit ein. Ab Jänner 2020 ist nun ein vorzeitiger Rentenantritt nach 45 Beitragsjahren grundsätzlich ohne Abzüge möglich. Im Kleingedruckten finden sich allerdings sehr hohe Anspruchshürden, speziell für manuell tätige Personen.
Das Kleingedruckte mit den Beitragsjahren
Um eine abschlagsfreie Rente in Anspruch nehmen zu können wurde keine neue bzw. eigenständige Pensionsform eingeführt. Es wurde dagegen nur die Voraussetzung geschaffen, dass im Rahmen der bestehenden Regelungen zur „Schwerarbeitspension“ (frühestens ab dem 62. Lebensjahr, Abschläge derzeit 1,80 Prozent pro Jahr) und zur „vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer“ (frühestens ab dem 62. Lebensjahr, Abschläge derzeit 4,2 Prozent pro Jahr) die Abzüge gänzlich gestrichen werden können.
Ob man in diese neue Begünstigung fällt, lässt sich selbst mit einem Blick auf den gesetzlichen Pensionskontoauszug nicht einfach sagen.
Folgendes Beispiel dazu:
60jähriger Maurer, Schwerarbeiter, Arbeitsbeginn mit dem 15. Lebensjahr, 45 Versicherungsjahre.
Keine Chance auf eine abschlagsfreie Pension, weil Versicherungsjahre nicht gleichbedeutend mit den geforderten Beitragsjahren aufgrund einer Erwerbstätigkeit sind.
Beitragsjahre aufgrund Erwerbstätigkeit Gesamt hat er nämlich nur 36.
Versicherungsmonate, welche für die neue Regelung nicht angerechnet werden:
12 Monate Schulzeiten nachgekauft
8 Monate Präsenzdienst
10 Monate Krankengeldbezug
78 Monate Arbeitslosengeldbezug (meist 2 Monate im Winter je Saison beim AMS gemeldet)
= 9 Versicherungsjahre Gesamt, welche nicht anrechenbar sind!
Diesem Maurer fehlen somit zum 60. Geburtstag weitere 9 Beitragsjahre auf eine Pension ohne Kürzungen. Aufgrund seiner gesammelten Versicherungsjahre kann er allerdings mit dem 60. Lebensjahr wie bisher mit 1,8 Prozent Abzügen (insgesamt 9 Prozent) die Schwerarbeitspension antreten.
Eine Ausnahme gibt es für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten. Diese werden bis zu 60 Monate wie Beitragszeiten gewertet.
Abschlagsfreie Rente als lukratives Geschäft
Wer früh ins Arbeitsleben eingestiegen ist und weitestgehend ohne Unterbrechungen erwerbstätig war, für den ist die abschlagsfreie Rente ab dem 62. Lebensjahr eine finanziell höchst interessante Option. Die entsprechende durchschnittliche Rente aus der „Langzeitversichertenregelung“ betrug im Dezember 2018 inklusive Abschlägen (4,20 Prozent pro Jahr = 12,60 Prozent Gesamt) 1.854 € netto pro Monat. Die „herkömmliche Alterspension“ mit 65 dagegen fiel 3 Jahre später mit 2.166 € netto pro Monat um 316 € spürbar höher aus.
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Langzeitversichertenregelung (62) |
Alterspension (65) |
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DERZEIT |
NEU (ab 01/2020) |
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Pension brutto p. M.* |
2.388 € |
2.732 € |
2.914 € |
Pension netto p. M. |
1.854 € |
2.066 € |
2.166 € |
Differenz brutto² |
-18,06% |
-6,25% |
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Amortistion/Jahre³ |
17,0 |
58,4 |
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* Durchschnittswerte lt. Hauptverband Sozialversicherungsträger aus Dezember 2018, Hochrechnung bis zum 65. Lebensjahr mit Durchschnittseinkommen
2 Differenz gegenüber Regelpension mit 65
3 Dauer, bis sich die höhere Nettopension mit 65 gegenüber der vorzeitigen Pension amortisiert hat. Inkl. 13./14. Pensionsleistung, ohne Einberechnung von Aufwertungsfaktoren
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Mit der Neuregelung ohne Abschläge beträgt das Minus beim vorzeitigen Rentenantritt mit 62 bei einer Nettomonatsrente von 2.066 € nur noch 100 €. Wer schon mit 62 seine Rentenphase antritt hat 3 Jahre Vorsprung im Leistungsbezug gegenüber jenem, der in die „normale“ Alterspension geht. In absoluten Zahlen bedeutet das für den Frührentner (inkl. 13./14. Pensionsleistung) die Summe aus 29.704 € pro Jahr x 3 = 89.112 € netto bis zum 65. Lebensjahr. Damit der „Regelpensionist“ mit seiner um 100 € höheren Rente diese Nachteil aufholt braucht er 58,4 Jahre. Bis dato (also mit Abschlägen) waren es 17 Jahre bis zur Amortisation.
Tipp – Abwarten lohnt sich, rechtzeitig informieren
Mit Jänner 2020 tritt die Möglichkeit in Kraft abschlagsfrei in Rente gehen zu können. Wenn man 45 oder gar mehr Versicherungsjahre aufzuweisen hat, sollte man unbedingt die Voraussetzungen für eine abschlagsfreie Pension prüfen lassen und einen entsprechenden Antrag erst im nächsten Jahr stellen.
Generell ist es sehr wichtig seine gesetzlichen Pensionsansprüche und seine Antrittsoptionen zu kennen. Aus Ihrem gesetzlichen Pensionskonto kann Ihr persönlicher Rentenanspruch hochgerechnet und auch ihr frühestmögliches Antrittsdatum ermittelt werden. Je früher potenzielle Lücken aufgeworfen werden, desto effizienter und mit weniger Kapitalaufwand kann gegengesteuert werden. Sehr gerne beraten wir Sie zu den umfangreichen Vorsorgemöglichkeiten.
(Datenquelle: Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger)
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