Steuersenkungen: Wer profitiert tatsächlich?
Eigentlich war die von der aktuellen Regierung angekündigte Senkung von Steuertarifstufen durch die Coronakrise vom Tisch. Nun wurde sie gerade wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie im Juli 2020 doch noch und das sogar sehr eilig vom Parlament beschlossen. Konkret wird die erste Steuerstufe rückwirkend mit Jänner 2020 von 25 auf 20 Prozent gesenkt. Untrennbar mit derartigen Maßnahmen wird die obligatorische politische Diskussion losgetreten, ob nun kleinere oder größere Einkommensbezieher stärker von dieser Maßnahme profitieren. Die Antwort darauf hängt grundsätzlich immer von der Art der Betrachtung ab. In diesem Beitrag liefern wir Ihnen mit klaren Fakten und Zahlen einen Überblick über die konkreten finanziellen Auswirkungen der jüngsten Parlamentsbeschlüsse.
Abgabenentlastung kleinerer Einkommen über den „Sozialversicherungs-Bonus“
Sofern das Nettogehalt unter circa 1.060 € pro Monat beträgt, ist dieses von der herkömmlichen Besteuerung komplett befreit. Entsprechend würde beispielsweise eine im Handel beschäftige Teilzeitkraft mit einem Einkommen unter diesem steuerlichen Schwellenwert von der aktuellen Senkung der Tarifstufe überhaupt nicht profitieren. Um auch kleinere Einkommen zu entlasten, wurde bereits im Herbst 2019 der „Sozialversicherungs-Bonus“ eingeführt und nun von maximal 300 € auf 400 € netto pro Jahr erhöht. Wer in einem sozialversicherungspflichtigen unselbständigen Job unter 1.200 € pro Monat netto bezieht, erhält in den meisten Fällen den maximal Wert von 400 € im Rahmen seiner Arbeitnehmerveranlagung ab dem Jahr 2020 zugesprochen. Bei Einkünften über 1.200 € netto reduziert sich der „SV-Bonus“ bis knapp unter 1.600 € netto sukzessive auf Null.
Senkung der Tarifstufe bringt maximal 350 € netto pro Jahr
Die Senkung der ersten Steuertarifstufe von 25 auf 20 Prozent bringt maximal 350 € Steuerersparnis pro Jahr bzw. 29 € pro Monat netto. Bereits mit einem monatlichen Nettoeinkommen von über 1.400 € profitiert man in voller Höhe. Mehr haben selbst absolute Spitzenverdiener nicht zu erwarten. Die höchsten monatlichen Entlastungen sind mit Einkünften um rund 1.300 € netto pro Monat möglich. Hier liegt man sowohl beim SV-Bonus als auch bei der Steuerentlastung knapp unter den jeweiligen Maximalwerten. Beurteilt man die gesetzten Maßnahmen nach der Gesamtsteigerung des Nettoeinkommens, liegt man als Bezieher eines monatlichen Einkommens von 700 € mit einem Zuwachs von 4,76 Prozent deutlich besser als jemand mit 4.000 €, der nur auf 0,73 Prozent mehr als vorher kommt.
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Erhöhung netto pro Monat |
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Netto-
einkommen p. M.
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SV-Bonus |
Senkung
Steuertarif |
Erhöhung
Netto Gesamt |
Erhöhung
Netto in % |
700 € |
33 € |
- |
33 € |
4,76% |
1.000 € |
33 € |
- |
33 € |
3,33% |
1.200 € |
33 € |
11 € |
45 € |
3,72% |
1.300 € |
28 € |
22 € |
50 € |
3,81% |
1.400 € |
19 € |
29 € |
48 € |
3,41% |
1.500 € |
9 € |
29 € |
38 € |
2,50% |
1.600 € |
- |
29 € |
29 € |
1,82% |
4.000 € |
- |
29 € |
29 € |
0,73% |
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- |
29 € |
29 € |
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(grün = Maximalwert)
Spätestens bis September 2020 soll nach dem Willen des Gesetzgebers die rückwirkende Senkung der Tarifstufe mit Jänner auch in der laufenden Gehaltsverrechnung abgebildet sein, was zu einer Nachzahlung bzw. Steuerrefundierung für Arbeitnehmer in Kürze führen wird.
Einmalzahlungen für Familien und Arbeitslose
Auch für Familien und Arbeitslose wurden mit Einmalzahlungen gegenüber prozentuellen Anhebungen der Leistungen die Bezieher von höheren Einkünften nicht bevorzugt. Pro Kind mit Anspruch auf Familienbeihilfe gibt es einmalig im September 2020 360 € extra. Die Auszahlung erfolgt automatisch mit der Familienbeihilfe. 450 € bekommen Arbeitslose oder Notstandshilfeempfänger, welche zwischen Mai und August 2020 zumindest 60 Tage lang diese Grundleistungen bezogen haben.
Tipp – Steuerausgleich durchführen und genau informieren
Seit 2019 sind einige namhafte Steuererleichterungen speziell für Familien (Familienbonus Plus) und Kleinverdiener in Kraft getreten. Teils werden diese aber erst durch die Arbeitnehmerveranlagung wirksam. Es lohnt sich in vielen Fällen finanziell jedenfalls deutlich mehr als früher, sich mit seinen steuerlichen Möglichkeiten auseinanderzusetzen und gegebenenfalls auch kostenlose Beratungsmöglichkeiten wie beispielsweise bei der Arbeiterkammer in Anspruch zu nehmen.
Datenquelle: Bundesministerium für Finanzen, eigene Berechnungen
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