Minuszinsen bald auch für Privatanleger?

 

Die ersten heimischen Kreditinstitute haben inzwischen das Tabu gebrochen und verrechnen nicht nur Firmen- sondern auch Privatkunden für deren Bankguthaben negative Zinsen. Eigentlich sind Minuszinsen gar nicht erlaubt, unter dem Begriff der „Verwahrgebühr“ findet dieses Vorgehen allerdings seine rechtliche Deckung. Weiterhin auch von derartigen Verwahrgebühren oder ähnlichen Umgehungslösungen ausgenommen sind Spareinlagen. Hier hat der oberste Gerichtshof bereits im Jahr 2009 klargestellt, dass Spareinlagen grundsätzlich Erträge und somit mehr als 0,00 Prozent Zinsen abwerfen müssen.

 

Somit beziehen sich die neuen Verwahrgebühren auf Giroeinlagen wie beispielsweise Gehaltskonten oder Verrechnungskonten zu Wertpapierdepots. Das betroffene Volumen ist beachtlich und zudem stark im Steigen begriffen. Während sich österreichische Spareinlagen von privaten Haushalten von 2017 bis zum ersten Halbjahr 2020 sogar um 601 Millionen Euro auf 144,7 Milliarden leicht rückläufig entwickelt haben sind die sonstigen Bankguthaben um 25,6 Milliarden Euro auf 120,4 Milliarden Euro gestiegen. Durch die Niedrigzinspolitik der europäischen Zentralbank wurden nun gerade diese einst höchst profitablen Einlagen für die Banken zu einem ertragsmäßigen Desaster. Mit der neuen Verwahrgebühr soll das nun wieder ändern.

 

Europäische Zentralbank erhöht den Druck

Bereits seit 2014 müssen Kreditinstitute dafür bezahlen, wenn sie überschüssiges Geld bei der europäischen Zentralbank veranlagen. Was ursprünglich mit moderaten Kosten von 0,10 Prozent begann wurde nun im September 2019 auf 0,50 Prozent erhöht. Seitens der Notenbank will man mit dieser Maßnahme die Kreditinstitute - nicht zuletzt auch in Zusammenhang mit der Coronakrise - zu einer verstärkten Finanzierungsvergabe bewegen. Traditionell überwiegen bei den meisten heimischen Banken die Einlagen gegenüber dem Finanzierungsvolumen. Die neue Verwahrgebühr setzen die bislang vorgepreschten Kreditinstitute meist analog den Eigenkosten bei der Notenbank mit 0,50 Prozent an. Gesetzlich geregelt ist die Höhe der Gebühr allerdings nicht.

 

Vermögende Kunden machten den Anfang

Bei den ersten Verrechnungsmodellen von Verwahrgebühren wurden Privatkunden meist erst ab einem Einlagevolumen von über 100.000 Euro zur Kasse gebeten. Inzwischen etablieren sich aber mit rund 15.000 Euro deutlich niedrigere Grenzschwellen. In Zeiten sinkender Erträge durch die Coronakrise stellt die Bankenlandschaft allerdings gerade die Weichen für eine flächendeckende Einführung von Gebühren auf Giroeinlagen. Es scheint sich dabei österreichweit der Kostensatz von 0,50 Prozent zu etablieren. Mit der Aufteilung von größeren Einlagen auf mehrere Banken dürfte man sich damit mittelfristig nicht von den neuen Kosten befreien können. Selbst Banken, welche derzeit keine Einführung einer Verwahrgebühr planen könnten durch massive Zuflüsse an Einlagen letztendlich dazu gezwungen werden. Auch einer Umschichtung auf gebührenfreie Spareinlagen können die Kreditinstitute einen Riegel vorschieben. Hier wären beispielsweise Höchstgrenzen pro Anleger denkbar.

 

Tipp – Alternative Veranlagungsformen andenken

Spätestens jetzt sollte man sich Zeit für einen privaten Kassensturz nehmen und für voraussichtlich mittel- und vor allem langfristig nicht benötigte Geldreserven über Anlagealternativen nachdenken.


 
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