Dark Patterns: Muster der Irreführung

 

Als Tummelplatz für unbeschränkte Möglichkeiten wirft das Internet nicht selten dunkle Schatten; etwa, wenn Websites mit allerlei Tricks zu Entscheidungen oder Handlungen verleiten, die deren Besucher gar nicht im Sinn hatten …

 

Digitale Faktenlage

Dark Patterns sind ein Sammelbegriff für verwirrende oder irreführende Designs auf Apps und Websites, die Verkäufe und Klicks zu Geschäftsabschlüssen manipulativ forcieren. „Theoretisch“ ist das nicht erlaubt und dennoch in der Praxis weit verbreitet – sogar oder besonders bei vermeintlich seriösen oder weltweit bekannten Anbietern. Rechtlich lässt sich gegen digitales Drängen schwer vorgehen, als Konsument bleibt einem nur, wachsam zu sein und schnellen Verlockungen zu widerstehen. Den häufigsten Manövern zum Tarnen und Täuschen ist wohl jeder User schon einmal begegnet:

 

» Vorenthalten von Information

 

Der unbedarfte Klick auf auffällig gestaltete „Weiter“-Buttons führt an wichtigen Informationen vorbei, die meist gut versteckt sind – durch kleine Schrift und schlechte Kontraste; bei Inhalten, die erst beim Scrollen auffindbar sind; hinter langen, undurchsichtigen Geschäftsbedingungen. Oft werden erst im letzten Schritt des Bestellvorgangs Extrakosten und Zuschläge offenbart, die man dann genervt vom mühsamen Prozedere „in Kauf“ nimmt. Ermüdungserscheinungen beim Konsumenten sind durchaus beabsichtigt, wenn er sich – etwa um vorgegebene Einstellungen zu ändern – durch verschachtelte Navigationsmenüs kämpfen muss und irgendwann aufgibt: Die Trickkiste hat funktioniert!

 

» Vergleiche und Vorauswahl

 

Werden Produktmerkmale und Preise auf komplexe Weise kombiniert, lassen sich einzelne Angebote nur schwer vergleichen; Hervorhebungen von Schaltflächen und Menüpunkten lenken in ungewollte Richtungen bzw. hin zu höheren Ausgaben. Dieses sanfte Stupsen heißt in der Fachsprache „Nudging“, während „Sludging“ („sludge“ bedeutet Schlamm) die Methode bezeichnet, möglichst viel Aufwand und Hindernisse einzubauen, damit günstigere Alternativen übersehen werden. Vorinstallierte Standardoptionen täuschen überdies vor, ohnehin eine vorteilhafte Auswahl zu erhalten – und fischen mitunter nach persönlichen Daten, deren Weiterverwendung man im Bestellvorgang zustimmt.

 

» Zwang und Dringlichkeit

 

Vorsicht, wenn Sie eine gewünschte Auskunft oder einen Kostenvoranschlag nur nach Registrierung oder Zustimmung zur Datensammlung erhalten. Oft liest man, dass Websites nur bei Akzeptanz aller Cookies gut funktionieren – ein Fake, denn laut DSGVO darf es keinen Unterschied in der Nutzung geben. Hierzulande ebenfalls nicht erlaubt ist die automatische Verlängerung kostenloser Testversionen, die nach dem Probezeitraum zu kostenpflichtigen Abos gewandelt werden: In Österreich ist zuvor eine erneute schriftliche Verständigung erforderlich, auch wenn Sie Ihre Kreditkartendaten bereits bekannt gegeben und – gezielt gelenkt durch den Anbieter – eine fristgerechte Kündigung übersehen haben.

 

Der Hinweis, es seien nur mehr drei Stück des von Ihnen gewünschten Produktes auf Lager und fünf andere Kunden aktuell daran interessiert, setzt unter Druck. Denken Sie nach, bevor Sie unüberlegt nachgeben: In den meisten Fällen ist das Produkt auch später noch erhältlich – oder Sie finden es sogar günstiger vor. Vor allem Reiseportale erzeugen mit Verweis auf das letzte verfügbare Zimmer oder nur noch kurz gültige Tarife Stress, der zur raschen Buchung verleitet.

 

» Luxustrick und sozialer Druck

 

Das, was Sie suchen, gibt es auch in besserer Ausführung zum vergleichsweise günstigeren Preis? Solche Angebote beim Bestellvorgang zielen darauf ab, Ihnen mehr Geld abzuluchsen und gaukeln dabei Ersparnisse vor. Positive (und oft unechte) Erfahrungsberichte oder Testimonials animieren zur Nachahmung, gerade wenn man nicht ganz sicher ist, ob man wirklich zugreifen soll. Manipulative Fragen sollen Sie bei der Stange halten, etwa wenn es heißt: „Wollen Sie wirklich auf all diese Vorteile verzichten?“ Vielleicht müssen Sie gar bekennen: „Nein, ich möchte nicht sparen“ und sind dann genauso beschämt wie nach der Feststellung, dass Sie irrtümlich angeklickt haben, was Sie gar nicht wollten. Das liegt weniger an Ihrer Zerstreutheit als daran, dass Anbieter bewusst die Anordnung von Zustimmung und Ablehnung vertauschen … 

 

» Vernebelung und Verschleierung

 

Es warten noch weitere Fallen auf Sie, etwa wenn Sie Dating-Plattformen oder Videospiele nutzen, die mit virtuellen Zwischenwährungen die wahren Kosten verschleiern. Ganz und gar nicht neu ist das Locken mit dem Hauptgewinn: Sie geben Ihre Mailadresse für ein Gewinnspiel her und werden fortan mit Angeboten für Leistungen bombardiert, die Sie gar nicht brauchen oder woanders zu besseren Konditionen erhalten … Möglicherweise klicken Sie im world wide web eine getarnte Werbung an und landen auf Websites, die Sie nie besuchen wollten … Vielleicht werden Sie auch zum Objekt beim „Privacy Zuckering“, der Abzocke persönlicher Daten zum Weiterverkauf, indem Sie ohne Ihr Wissen versteckten und/oder unverständlichen Nutzungsbedingungen auf Websites zustimmen.

 

» Vom Warenkorb zum Storno

 

Dem Klick auf „Bezahlen“ sollte unbedingt ein prüfender Blick auf den Warenkorb vorausgehen, in dem sich mitunter zusätzliche Artikel oder kostenpflichtige Dienste finden, die Anbieter vorsorglich in den Warenkorb packen und die abzulehnen (Opt-out-Funktion) man übersehen hat. Spätere Stornos oder Kündigungen sind meist schwierig, entsprechende Links schwer zu finden; im schlimmsten Fall muss man zum Telefon greifen und verbal mit weiteren Hindernissen rechnen.

 

Zeit lassen. Informieren. Kontrollieren

„Preise können steigen, buchen Sie noch heute“: Werden Sie durch solche Aussagen zu Abschlüssen gedrängt, lassen Sie sich Zeit. Überlegen Sie in Ruhe, ob Sie das betreffende Angebot wirklich kaufen/buchen möchten. Die erstbeste Gelegenheit ist nicht immer die allerbeste – informieren Sie sich über Vor- und Nachteile und holen Sie Vergleiche bei anderen Anbietern ein, statt eine vorschnelle Entscheidung zu treffen. Spätestens vor dem „finalen“ Bezahlklick sollten Sie jedenfalls Warenkorb, Konditionen und eventuell unfreiwillig gewählte Optionen überprüfen, um sich späteren Ärger zu ersparen.

 

 

 


 
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